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7. Bezirk, Neubau

Im Gebiet zwischen Mariahilfer Straße und Neustiftgasse siedelten sich schon im 19. Jahrhundert Handwerker aller Sparten an, rund um die Neubaugasse Richtung Schottenfeld vor allem Handwerker aus der Seidenindustrie. Die Dichte an Handwerk und Kleingewerbe ist in diesem Stadtteil auch heute noch höher als in anderen Bezirken. Zu den traditionellen Handwerksbetrieben haben sich seit der letzten Jahrhundertwende eine Vielzahl junger KunsthandwerkerInnen, Mode-Ateliers, Designerläden dazugesellt, v.a. in der Liniengasse, Neubaugasse, Kirchengasse oder im Viertel um den Spittelberg. Aus der kleingewerblichen Bebauungsstruktur hat sich der 7. Bezirk auch biedermeierliche Hofgebäude oder verwunschene Gärten erhalten. Mit dem Museumsquartier, dem Volkstheater, dem Theater der Jugend, dem Kosmos Frauenraum, dem Theater am Spittelberg und dem Amerlinghaus weist der 7. Bezirk eine ganz besondere Dichte prägender Kultureinrichtungen auf, aber auch Galerien, Literatur und Fotografie sind  mit "Neubau" untrennbar verbunden und mit einer Vielzahl an Spezialeinrichtungen vertreten. Ebenso charakteristisch für den Bezirk sind alte Kinostandorte bzw. Programmkinos wie Bellaria oder Admiral, die sich als Nahversorgerkinos etabliert haben und den Entwicklungen der Filmindustrie trotzen.

Zur Geschichte im Detail:

Die Vorstadt Neubau gehört zu den jüngsten Siedlungen Wiens und war 1704, als Kaiser Leopold I. den Grund an den Magistrat verkaufte, schon zur Gänze verbaut. 1850 wurden die ehemaligen Vorstädte Neubau, Neustift, Spittelberg, Schottenfeld sowie Teile der Vorstädte St. Ulrich, Alt-Lerchenfeld, Laimgrube und Mariahilf zu einem neuen Wiener Gemeindebezirk zusammengefasst. Bei seiner Eingemeindung erhielt der Bezirk die Nummer 6; 1860 wurde er auf Wien 7 „Neubau“ umnummeriert.

Ein Denkmal für den Lieben Augustin
Die älteste Siedlung im Bereich des Bezirks ist die Vorstadt St. Ulrich. Die mittelalterliche Siedlungsform rund um die St. Ulrichs-Kirche, ursprünglich ein grabenförmiges Angerdorf, hat sich teilweise bis heute erhalten. 1481, 1654, 1679 und 1713 litt die Bevölkerung St. Ulrichs besonders unter der Pest. In der Nähe von St. Ulrich soll sich 1679 auch die Pestgrube des Lieben Augustin befunden haben. In der Neustiftgasse wurde ihm ein Denkmal gesetzt: hier wurde eine Brunnenfigur von Josef Humplik (1952) anstelle eines alten Brunnen errichtet. Zur Reformationszeit war St. Ulrich ein Hauptstützpunkt der Protestanten.

Unweit davon errichtete 1710-1712 Johann Bernhard Fischer von Erlach ein Gartenpalais für Leopold Donat Graf Trautson, das später von Maria Theresia erworben und der Ungarischen Garde zugewiesen wurde. Nach aufwändigen Restaurierungsarbeiten ist das Palais Trautson, in der Neustiftgasse vis á vis des Volkstheaters angesiedelt, heute Sitz des Bundesministeriums für Justiz.

Der Schatz der Mechitharisten
In das erste Kapuzinerkloster Wiens (1603) in der heutigen Mechitaristengasse / Neustiftgasse, das 1784 aufgehoben worden war, zogen 1810 aus Triest vertriebene armenische Mechitharisten. Nach dem großen Brand im Jahr 1835 wurde das Kloster 1835-1837 von Josef Kornhäusel neu erbaut und 1871 von Camillo Sitte im Stil der Neorenaissance renoviert. Die Mechitharisten installierten hier eine Druckerei, in der sie Werke in 41 Sprachen druckten. Die großartige Bibliothek des Klosters zählt zu den nur wenig bekannten Kulturschätzen Wiens.

Stadtauswärts von St. Ulrich befand sich eine Siedlung, die 1315 erstmals unter dem Namen "Neustift" genannt wurde und im Besitz des Schottenstifts war. Ab dem 16. Jahrhundert begann die Verbauung entlang der heutigen Neubaugasse, im 17. Jahrhundert auch die Verbauung entlang der Mariahilfer Straße. Auf dem Neubau haben sich bis heute alte Wiener Vorstadthäuser mit schönen Innenhöfen erhalten.

Der Feenpalast am Brillantengrund
Um die Mitte des 18. Jahrhunderts wurden auch die ehemaligen Felder des Schottenstifts langsam verbaut – hier entwickelte sich 1777 eine eigene Vorstadt unter dem Namen "Schottenfeld". Das Schottenfeld scheint bis 1820 auch unter dem Namen "Oberneustift" oder "Außerhalb St. Ulrich auf den Schottenäckern" auf. Josef II. siedelte hier Seiden- und Samtmanufakturen an. Wegen seines Reichtums wurde das Schottenfeld auch gerne "Brillantengrund" genannt – um 1800 gab es auf dem Schottenfeld etwa 300 Seidenfabriken.
1807 wurde in der Zieglergasse 15 der "Feenpalast" (auch Apollosäle genannt) errichtet, ein Freizeit- und Vergnügungspalast mit künstlichen Seen, Teichen und Grotten. 1839 wurde er allerdings in eine Seifensieder- und Kerzenfabrik umgewandelt und brannte 1876 ab. Um 1840 kam es zu einer schweren Krise der Schottenfelder Industrie, die ihren Höhepunkt 1848 erreichte und mit zum Ausbruch der Revolution beitrug. 1784-1787 wurde die Schottenfelder Pfarrkirche zum Hl. Laurenz an der heutigen Westbahnstraße erbaut.

Vom „Krowotendörfl“ zum Prostituiertenviertel
Die Vorstadt Spittelberg entstand erst im späten 17. Jahrhundert. Ab 1675 wurde das Gebiet entlang des Ottakringer Baches parzelliert, die Bewohner des dort befindlichen "Krowotendörfls" wurden in den heutigen 9. Bezirk übersiedelt. 1692 wurde der Grund vom Bürgerspital erworben. Die Vorstadt bekam unter der neuen Herrschaft den Namen "Spitalberg" (ab 1800 "Spittelberg"). Die Bewohner des dicht und platzsparend bebauten Spittelbergs waren vorwiegend arm, die engen Gassen (ohne Kanalisation) sowie das Fehlen von Höfen oder Gärten waren der Gesundheit nicht gerade förderlich. Im 19. Jahrhundert war der Spittelberg das Prostituiertenviertel der Stadt, das auch aufgrund seiner Kriminalität berüchtigt war. Heute ist dieser Stadtteil ein Beispiel für Luxussanierung – auch mit negativen Verdrängungseffekten einer Gentrifizierung. Dennoch ist es, durch die rege Beislszene sowie durch prägende Kultureinrichtungen wie Amerlinghaus oder Theater am Spittelberg, für viele WienerInnen und Wien-Besucher ein nach wie vor sehr beliebtes und lebendiges Stadtviertel geblieben.
 

Die Stiftskirche wurde 1739, nach Plänen von Joseph Emanuel Fischer von Erlach, erbaut. Von der Vorstadt Laimgrube (Wien 6.) fielen zwei Parzellenreihen entlang der Mariahilfer Straße und der Karl-Schweighofer-Gasse an den 7. Bezirk, dazu die heutige Stiftskaserne, die ursprünglich die Quarantänestation eines Waisenhauses war. 1756 errichtete Maria Theresia hier die "Savoyische Adelige Akademie", später wurde die Ingenieurakademie (Technische Militärakademie) in das Gebäude verlegt. Heute dient die Anlage als Kaserne. Während der NS-Zeit nutzte die deutsche Wehrmacht die Stiftskaserne und errichtete hier zwischen 1943 und 1944 den Partnerturm des Flakturms im Esterhazy-Park. Heute wird der Gefechtsturm in der Stiftgasse als Teil der Stiftskaserne vom Österreichischen Bundesheer genutzt.

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Essay

Das Museumsquartier

Occupy the Enzis!

Zur Zeit der Vollendung des MuseumsQuartiers (im folgenden MQ) im 7. Wiener Gemeindebezirk im Jahr 2001 galt es als das achtgrößte Kulturareal der Welt, informiert Wikipedia. Das ist eine statistische Größe, die unbrauchbar ist für jegliche Vergleiche. Es gibt Orte, die keine Kulturareale benötigen, weil sie insgesamt Räume verdichteter, musealer und zeitgenössischer Kultur sind. Es gibt Orte wie Squat Tempelhof, die Freifläche des ehemaligen Berliner Flughafens, deren BesetzerInnen 400 Hektar in ein Gesamtkunstwerk verwandelt haben, das in keinem Ranking der offiziellen Kulturareale aufscheint. Diese Bemerkung soll die Bedeutung des MQ für Wien nicht kleinschreiben. Wer heute bei schönem Wetter durch die Höfe des MQ spaziert, nimmt die Lebendigkeit des Quartiers wahr, auch wenn es zum Teil eine paradoxe Lebendigkeit ist: hunderte zumeist jüngere Menschen dösen in den «Enzis» genannten Multifunktionsmöbeln und wirken grad nicht sehr lebendig. Wegen der (gefühlten) sozialen Zusammensetzung der Ruhenden, Schlafenden, Pausierenden, Lesenden, Schmusenden, SonnenanbeterInnen und NixtuerInnen wird der große Innenhof des MQ auch Bobo-Schlafzimmer genannt. Zusammen mit den NutzerInnen der vielen Schanigärten der MQ-Gastronomie ergeben die «Enzi»-OkkupiererInnen eine Population, die jeden Vorwurf, das MQ werde «nicht angenommen», entkräftet.

Nicht alle in Wien sympathisierten freilich mit der Anfang der 1980er Jahre aufkeimenden Idee, hier etwas aufzustellen, was sich mit dem Pariser Centre Pompidou messen könne. Es soll sogar Menschen gegeben haben, die sich ein Comeback der Pferde wünschten. Das heutige MQ-Hauptgebäude wurde ursprünglich für die Hofstallungen der Habsburger Kaiser genützt. Nach dem Ersten Weltkrieg verwandelte sich das Gebäude in den «Messepalast». Die erste Wirtschaftsausstellung erfolgte 1921. Im letzten Jahrfünft des «1000-jährigen Reichs» wurde der Messepalast für diverse NS-Propaganda-Events missbraucht. Weil ein steigendes BIP auch wachsende Wirtschaftsmesse-Flächen verlangt, eine der nachvollziehbarsten Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus, wurde der Messepalast den Anforderungen der Warenpräsentation nicht länger gerecht. 1986 wurde ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben, bei dem fast 90 verschiedene Projekte eines Wiener Zentrums für moderne Kunst eingereicht wurden. Mit einstimmigem Jurybeschluss gewann das Projekt der Architekten Laurids und Manfred Ortner.

Ortner & Ortner spürten dann, wie es ist, zwischen allen Sesseln zu sitzen. Dieter Schrage, damals Kurator des Museums Moderner Kunst und Bezirksrat der Grünen im 7. Bezirk, schätzte zwar das Siegerprojekt, kritisierte aber den Standort:
An sich wäre meine Position in Sachen Museumsquartier klar. Bereits 1986 habe ich gemeinsam mit dem inzwischen verstorbenen Wiener Stadtplaner Willi Kainrath den Standort Messepalast für die damals vorgesehene «Museumsinsel» aus städtebaulichen Überlegungen abgelehnt. Wir sahen keinen Sinn darin, dass in einem kulturell überprivilegierten Innenstadtbezirk noch ein groß dimensioniertes Kulturzentrum hineingepfercht werden soll. Das erschien uns kulturpolitisch, demokratiepolitisch und auch verkehrspolitisch bedenklich. Und wir traten dafür ein, dass die Chance der Finanzierung eines sehr komplexen und repräsentativen Kulturgeländes dazu genützt werden sollte, jenseits der Donau endlich qualitätsvolle urbane Strukturen zu schaffen. In diesem Zusammenhang ist doch zu sehen, dass Transdanubien, eine «Stadt» in der Größe zwischen Linz und Graz, fast ohne kulturelle Infrastruktur ist.

Durch seine eindeutige Offenheit und Orientierung zu den beiden großen Ringstraßenmuseen und zur Hofburg bleibe das Museumsquartier eine Angelegenheit des 1. Bezirks. Eigentlich weite sich der 1. Bezirk durch das MQ in den 7. Bezirk hinein aus. Er habe Probleme mit dem Planungsprozess, aber keine Probleme mit der Ortner & Ortner-Architektur. «Und schon gar nicht mit dem Leseturm», musste Schrage hinzufügen.

Er musste es, um sich von jenen KritikerInnen abzugrenzen, die das MQ-Projekt aus ganz anderen Gründen bekämpften. Mehr noch, er fühlte sich veranlasst, zu einem leidenschaftlichen Verteidiger des Bauprojekts zu werden, als ein politisches Milieu rund um die Kronenzeitung und die FPÖ zum Kulturkampf gegen das MQ-Projekt aufbrach, wobei besonders ein Teil des Komplexes dämonisiert wurde: Der «Leseturm», der aus der Sicht der beiden Ortners ein weithin sichtbares Signal für das Buch, für die Literatur und für die neuen Medien sein sollte – also eine wichtige kulturpolitische Botschaft auszudrücken hatte. Der Leseturm war bewusst als Gegenspieler des sehr nahe gelegenen Flakturms aus der Nazizeit gedacht – Propaganda für Literatur statt Propaganda für den Endsieg. Die «Bürgerinitiative gegen das Museumsquartier», dessen bekanntester Repräsentant Bernd Lötsch war, meinte aber nicht den Flakturm, sondern den Leseturm, wenn sie gegen die »Verschandelung des 7. Bezirks durch Monsteraufbauten» wetterte. Der Kunstpädagoge Julius Mende wies darauf hin, dass die Feindlichkeit der Bevölkerung gegenüber der vorgesehenen ästhetischen Synthese von alt (ehemalige Hofstallungen) und neu (v.a. Leopold-Museum und Museum Modernen Kunst) sich aus zwei unterschiedlichen Quellen speise:

Die Ballung von Museen, Theatern, Feudalbüros und Nobelgeschäftszentren in der City ist gewissermaßen die naturwüchsige Konzeption der auf Repräsentation bedachten Politiker, der Innenstadtschickeria und natürlich der Fremdenverkehrswirtschaft. Die Vernachlässigung und Verödung der Peripherie ist ebenso die Folge solcher Konzepte wie die Verödung der Innenstadt, speziell in der Nacht. Die Interessen der Kunst- und Museumscliquen treffen sich mit denen der Politiker und der Geschäftsleute. Der Bevölkerungsprotest (gegen den Leseturm, R.S.) hat eine Wurzel in dieser Arroganz der Macht. Die andere ist allerdings die rückwärtsgewandte Romantisierung der Altstadt, die jede gewagte, moderne Architektur ablehnt, weil die Idylle zerstört wird. Die Frage, die zu stellen wäre, ist die nach einem nichtelitären Zugang zum modernen Kunstschaffen. Eine solche Orientierung aber befindet sich derzeit in der Krise. Statt um den ominösen Leseturm zu streiten, sollten sich breitere Kreise um ein lebendiges, menschenfreundliches Museumskonzept streiten, damit die Priester der hohen Kunst von ihren Altären geholt werden. Aber darum schert sich außer ein paar MuseumspädagogInnen niemand.

Im Oktober 1994 traf der damalige Bürgermeister Helmut Zilk eine Entscheidung gegen den Leseturm. Es war eine populäre Entscheidung. Es war eine populistische Entscheidung. Der doofe Flakturm blieb allein und bekam kein kluges Brüderlein. Kein anderes Gebäude innerhalb des MQ erfüllt die Funktionen des undurchsetzbar gewordenen Leseturms. Das Verbliebene ist immer noch voller Vielfalt. Die beiden Superblöcke Leopold-Museum und MUMOK (Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig) verkörpern den Einbruch der Moderne in das kaiserliche Ensemble. Beide Komplexe sind vom Architektenbüro Ortner & Ortner entworfen worden. Das erstgenannte ist mit weißem Muschelkalk verkleidet, letzteres mit dunklem Vulkangestein. Das erstgenannte ist der «Hofstall» von Egon Schiele. Nirgends sonst auf dieser Welt gibt´s mehr von Schiele. Letzteres versteht sich als Kompetenzzentrum für den Wiener Aktionismus und beherbergt Arbeiten von Günter Brus, Otto Muehl, Hermann Nitsch und Rudolf Schwarzkogler. Als selbsternanntes Kompetenzzentrum muss es sich immer wieder die Frage gefallen lassen, ob Aktionismus im Museum überhaupt darstell- und vermittelbar sei. Die Kunsthalle Wien ist die dritte Institution der Hochkultur im MQ. Die weiteren Teile sind das Tanzquartier Wien, das Architekturzentrum mit der öffentlichen Bibliothek, das ZOOM Kindermuseum, der «Dschungel Wien» als Theaterhaus für junges Publikum und das quartier 21, in dem der «Kleinkram» am Gesamtprojekt partizipieren kann: Ateliers, Agenturen, Archive, Büros, Redaktionen, Veranstaltungssäle, eine Buchhandlung – für viele die demokratische Abteilung des MQ.

Insgesamt fällt es schwer, sich das MQ als eine von «mit Demokratie durchfluteten Institutionen» vorzustellen, um eine Vision von Bruno Kreisky zu entlehnen. Als Maß der Liberalität und der Toleranz in den großen Städten ist immer wieder der Grad der Freiheit des Sprayens und damit die Dichte der unaufgefordert gesprayten Artefakte genannt worden. Ist Ihnen schon aufgefallen, dass es in Wien ein zentral gelegenes Stadtviertel gibt, das völlig graffitifrei ist? Wem´s nicht aufgefallen ist, der hat es nun erraten: Es handelt sich um das Kunstareal namens MQ. Ein zweites Kriterium für Liberalität und Toleranz ist, inwieweit die Benützung des öffentlichen Raumes innerhalb des MQ durch Verbote und Verordnungen reguliert ist. Im unruhigsten aller Jahre im bisherigen MQ-Leben, im Jahr 2009, eskalierte ein Konflikt zwischen Management und Bevölkerung.

Das Management, das den öffentlichen Status der Innenhofflächen vehement bestritt und die Kompetenz zu besitzen glaubte, BesucherInnen das Trinken mitgebrachter Dosenbiere zu verbieten, bekam die mobilisierende Macht des Facebook zu spüren:

MISSION: Das neue Verbot des Museumsquartiers von mitgebrachten, alkoholischen Getränken zu Fall zu bringen. Wir wollen alle gemeinsam eine Bring-Your-Own-Beer Initiative im Hof des Museumsquartiers auf die Reihe bringen. Dazu müssen wir Leute und die Presse mobilisieren: Ladet eure Freunde ein (rechts findet ihr den Knopf «Invite People to Come» bzw. «Jemanden einladen»). ORT/ZEIT: Samstag, 20. Juni 2009, 18.00-18.05 Uhr. Innenhof des Museumsquartiers (Museumsplatz 1/5, 1070 Wien). Bitte eure Uhren einstellen! Sexy wird die gemeinsame Initiative nur dann, wenn alle halbwegs gleichzeitig starten. VORGEHENSWEISE: Ab 18 Uhr wird 5 Minuten lang während des Trinkens regelmäßig laut zugeprostet! ZIELGRUPPE: Alle, die ein Interesse daran haben, ihre mitgebrachten Getränke weiterhin im MQ trinken zu dürfen. GRUND: Das MQ ist ein öffentlicher Platz und wird mit unseren Steuergeldern finanziert, im Jahr 2005 mit ca. 11 Mio. Euro. Wir sehen nicht ein, wieso wir dazu gezwungen werden sollten, das Bier vor Ort zu kaufen!

Der Refrain «You can do what you want» aus einem Cat Stevens-Klassiker wurde zur Losung dieser frühen Occupy-Bewegung. Die TeilnehmerIinnen wurden nicht nur aufgerufen, eigene Getränke mitzubringen. Gesucht werden auch «Dauerfahrradschieber», «Blasmusikkapellen» oder «Nacktfahrradfahrer» – und Müllsäcke, um keinen Anlass zur Kritik zu liefern. Der damalige MQ-Direktor Wolfgang Waldner beschwichtigte vor JournalistInnen: gegen Jugendliche, die friedlich ihr mitgebrachtes Bier trinken, wolle man nicht einschreiten, sondern bloß «Exzessen vorbeugen». Eine «Überreaktion des Personals» habe zur Kontroverse geführt. Unterstützt wurde Waldner durch die seltsame Indifferenz des Leitorgans im Bobo-Schlafzimmer, des «Falter», der einst radikal oppositionell gegenüber der Stadtplanung war, aber nun die Devise ausgab: «Es gibt edlere Kämpfe als jenen um das Recht, gratis auf bunten Plastikliegen zu lümmeln.» Das war jedoch eine Missdeutung der Anliegen der «Occupy MQ»-Bewegung (die sich damals noch nicht so nannte). Denn den InitiatorInnen der Flashmobs ging es nicht darum, den Platz nach den Regieanweisungen des MQ-«Bürgermeisters Waldner zu nützen. Wer auf den «Enzis» liegt, wird quasi zum Teil der künstlerischen Installation. Die Protestbewegung pochte vielmehr auf das Recht der MQ-BesucherInnen, die freien Plätze der Wiener Museumsinsel als urbane Allmende ohne jede Reglementierung von oben zu gebrauchen. Und die beiden Erfinder der Enzis, die ArchitektInnen Anna Popelka und Georg Poduschka, kriegten in diesem elektrisierten Jahr 2009 mit, wie es ist, zwischen allen Enzis zu sitzen …

Die aktuelle Situation: Eine kleine Umfrage im Gelände unter Menschen, die sichtbar ihre mitgebrachten alkoholischen Getränke benutzten, ergab, dass die große Mehrheit nicht aus Protest trank. Weil fast niemand sich vorstellen konnte, dass ihr Tun ein Delikt sei oder zumindest einmal eines gewesen wäre. Von der Bewegung für die freie Benützung des MQ-Areals wussten die meisten nichts.

Robert Sommer


INFO-BOX

MuseumsQuartier: http://www.mqw.at/

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FlanerieTipps

Hauptbücherei Wien

Sommer-TIPP: Kino auf dem Dach

Die Hauptbücherei am Gürtel ist die bestausgestattete und größte Zweigstelle der Büchereien Wien. Als Bibliothek will sie lustvolle Zugänge für Wissen(schaft) und Bildung schaffen, darüber hinaus lädt sie zu literarischen Veranstaltungen und gibt Gelegenheiten zu Kunsterlebnissen. Der großzügige Treppenaufgang ist eine beliebte Chill-Out-Zone der Stadt und auch der Dachgarten ein schöner Ort zum Verweilen. In Kooperation mit St. Balbach Art Produktion veranstaltet die Hauptbücherei am Gürtel schon seit einigen Jahren das sommerliche Open Air Kino Auf dem Dach – auch im Sommer 2014! http://www.sommerkino.at/sommerkino/kino-am-dach-2014 

 
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Der Kampf um die Stadt

Das Amerlinghaus in der Stiftgsasse 8 ist ein partizipatives Kulturzentrum am Spittelberg, hervorgegangen aus Hausbesetzungen in den 1970er und frühen 1980er Jahren. Mit der Arena Bewegung 1976 begann Österreichs verspätete 68er Revolte. Wem gehört die Stadt? Wer bestimmt? Was ist Kultur? ... waren die zentralen Fragen. Auch im Spittelberg-Viertel regte sich Widerstand – und Intellektuelle, StudentInnen, ArchitektInnen wehrten sich gegen die geplante Abrisspolitik und Luxussanierung. So wurde das "Amerlinghaus" besetzt und nach langwierigen Verhandlungen 1978 zum ersten selbstverwalteten Kulturzentrum der Stadt – bis heute. In den letzten Jahren allerdings kämpft das Amerlinghaus, ein generationen-, kulturen- und szenenübergreifendes Projekt, leider immer wieder um´s finanzielle Überleben. Nach intensiven Protesten  und Verhandlungen ist das Jahr 2014 aber wieder gesichert! www.amerlinghaus.at  

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Treffpunkt für Nachtschwärmer

Kennen Sie die Rote Bar im Volkstheater? „Der ideale Treffpunkt für Verliebte und Verrückte, für Nachtschwärmer und MusikkennerInnen, für Diskussionsfreudige und Kabarettfans, für LiebhaberInnen schräger Literaturexzesse.“ Das Volkstheater bietet übrigens auch Bühnenführungen, die den Blick hinter die Kulissen eines Theaterbetriebes ermöglichen. http://www.volkstheater.at/home/spielstaetten/haupthaus

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Nostalgisches Lichtspieltheater

Das Bellaria Kino, gleich hinter dem Volkstheater, ist einer der wenigen Orte der Stadt, wo man noch in eine nostalgische Kinowelt eintauchen kann. Gegründet 1911, ist die „Bellaria“ auch heute noch ein Lichtspieltheater aus einer anderen Zeit: mit altmodischem Kassenhäuschen, alten Kinoklappstühlen, bunter Blümchentapete etc. Am Nachmittag werden alte Filme gespielt, am Abend stehen zeitgenössische Filme am Programm. http://esel.at/location/406 

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Originelles abseits des Mainstreams

Nur unweit der Mariahilfer Straße haben sich kleine Seitengassen wie Lindengasse, Kirchengasse, Zollergasse oder Neubaugasse zum Zentrum für junges Design und Mode entwickelt. In den letzten Jahren hat sich hier eine Vielzahl origineller kleiner Läden abseits des Mainstreams etabliert, die zum Flanieren und Gustieren einladen. Ein Tipp für Individualisten!

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Lerchenfelderstraße - Boulevard der Buchhandlungen

In einer Zeit, in der immer mehr Buchhandlungen schließen und in der Konkurrenz mit Handelsketten und Online-Versorgern nicht mithalten könnnen, sticht die Lerchenfelder Straße mit ihrer Buchhandlungsdichte als besonders positives Beispiel hervor. Hier haben die Bibliophilen der Stadt zwischen Gürtel und Auerspergstraße gleich eine ganze Vielfalt an Spezialbuchhandlungen zur Auswahl. Nutzen Sie diese Angebote, damit die Lerchenfelderstraße auch in Zukunft noch lange ein „Boulevard der Buchhandlungen“ bleibt!
www.poschbuchhandlung.at,
www.buchhandlung-stoehr.at
www.‪allesbuch.at‎
www.la-trouvaille.com‬

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Hörbuch

Neubau - eine akustische StadtFlanerie durch den Bezirk

Das im November 2014 erschienene Hörbuch "NEUBAU" bietet einen Streifzug durch den 7. Bezirk, einem Kulturbezirk mit urbaner Dichte! Es wurde von Karl Weidinger gestaltet und lädt Sie auf eine Wanderung durch einen jungen, sehr urbanen und kulturellen Innenstadt-Bezirk. Persönliche Interviews mit KünstlerInnen und BewohnerInnen, mit Literaten, AktivistInnen und ProjektbetreiberInnen aus der Theater- und Clubszene sowie mit Soziologen und Stadtforschern zeichnen ein facettenreiches und vielfach neues Bild vom Bezirk Neubau, und auch die Musik und Akustik des Hörbuchs kommt direkt aus der urbanen Dichte des Bezirks. Der Bezirksplan im Booklet soll Sie dazu einladen, interessante Orte und Routen des 7. Bezirks auch persönlich zu erkunden und zu erwandern.

Tauchen Sie ein in diese urbane, informative und spannungsreiche Entdeckungsreise durch den 7. Bezirk!

Mit Interviews von:

Fred Büchel, Miss Candy alias Holger Thor, Georg Demmer, Anita Duller, Otto Dünser, Roland Girtler, Lisa Grösel, Oliver Hangl, Barbara Klein, Slavko Ninić, Kurt Palm, Gerhard Ruiss, Herbert Sburny, Peter Sonnleitner, Hannah Stippel, Claudia Totschnig, Milan Vesely


Tracklist

01 Sankt Ulrich | 1679
     Des Lieben Augustins original Pestgrube
02 Spittel Berg | 1778
     Wo der Kaiser zu Fuß hinging
03 Croboten Dörfl | 1525
     Vor den Toren der Stadtmauer
04 Amerling Haus | 1975
     Der Kampf begann und soll nie enden
05 Literatur Häuser | 1991 + 2003
     Zwei Hochkaräter am Brillantengrund
06 Fritz Punkt | 1979 – 2007
     Drama um die Texte der Marianne Fritz
07 Kosmos Theater | 2000
     Der Frauenraum wird eine Realität
08 Museums Quartier | 2001
     Im Überblick auf den Kulturdistrikt
09 Salat Piraten | 2012
     Gekapert vom Urban-Gardening-Fest
10 Camera Club | 1970 + 1989
     Kult-Disco für Hippies, Heaven für Schwule
11 Lumina Galerie | 2014
     Fokus auf Kurt Palms toten Tieren
12 Beschwerde Chor | 2010
     Der Kreis schließt sich zur Pestgrube

Gesamtspielzeit 77:17


Musikbeiträge von:

Wiener Beschwerdechor:
Wien, wir beschweren uns (M: Sir Tralala, T: Oliver Hangl, Arr: Stefan Foidl)
Intervention XVI: Rudelsudern-Performance: Geh Bitte
Also Sprach Zarathustra (M: Richard Strauss, Arr: Stefan Foidl) | Wea san den de (M+T: Karl Schwamberger, Arr: Stefan Foidl) | Danke (M: trad., T: Oliver Hangl, Arr: Stefan Foidl)

Wiener Tschuschenkapelle:
Stin Magemeni Arapja (M&T: trad., Arr: Slavko Ninić)
BEST OF Wiener Tschuschenkapelle, Tschuschenton 2006 – TNT002

Theaterkollektiv Fritzpunkt:
Naturgemäß I (Text: Marianne Fritz)
SprecherInnen: Fred Büchel, Susanne Hahnl, Anne Mertin

Die Musikstücke wurden mit freundlicher Genehmigung der Künstler sowie der Labels verwendet.

Flanerien konkret

Derzeit gibt es keine aktuellen Termine für Stadtführungen im 7. Bezirk. Infos zu aktuellen StadFLANERIEN des Aktionsradius Wien unter office@aktionsradius.at.