11. Bezirk, Simmering
Simmering, der im Osten der Stadt gelegene Randbezirk, ist ein klassischer Arbeiter- und Industriebezirk. Wohl alle WienerInnen wissen, dass hier der Zentralfriedhof und das Krematorium angesiedelt sind, man kennt die Simmeringer Hauptstraße und vielleicht auch die Simmeringer Heide. Wohl weniger bekannt ist, dass durch Simmering die Aspangbahn führt, eine Eisenbahnlinie, die Ende des 19. Jahrhunderts als Großprojekt geplant war und von Wien nach Saloniki führen sollte. Auf alten Kilometersteinen findet man noch heute W.S.B. eingraviert: Wien-Saloniki-Bahn. Sie wurde 1881 von der „Austro-Belgischen Eisenbahngesellschaft“ mit belgischen Kapital errichtet, allerdings nur bis Aspang. Heute ist sie eine Teilstrecke der ÖBB.
Zur Geschichte im Detail:
Am 1. Jänner 1892 wurden im Zuge der zweiten Stadterweiterung die Vorortgemeinden Simmering und Kaiser-Ebersdorf sowie kleine Teile von Schwechat und drei Häuser des Ortes Kledering sowie ein Teil von Albern zum 11. Wiener Gemeindebezirk „Simmering“ zusammengeschlossen.
Mehr als 300 Jahre wurde Bier gebraut
Der Ort Simmering, 1028 erstmals erwähnt, ist an den Rand einer Stadtterrasse gebaut. Der Name Simmering erfährt in der Folge verschiedene und urkundlich belegte Schreibweisen (Simmanin, Simoning, Symaningen, Symanin). Es scheint sich hier um ein ansässiges Landadelsgeschlecht gehandelt zu haben, das erst mit Eberhard von Simoning um 1400 nicht mehr nachweisbar wird. Der Ortskern im Bereich der heutigen Kobelgasse entwickelte sich um die erstmals 1267 erwähnte Pfarrkirche. Nach schweren Schäden durch die Türkenbelagerungen wurde sie 1746-1747 von Matthias Gerl umgebaut. Hinter der Kirche liegt der Simmeringer Friedhof. Seit 1605 gab es in Simmering ein Brauhaus, das im Thurnhof in der heutigen Mautner-Markhof-Gasse 40 eingerichtet war. 1638 erwarb das Himmelpfortkloster die Herrschaft und 1677 auch die Brauerei. 1822 kaufte der Braumeister Georg Meichl den Betrieb, und seine Familie braute hier fast hundert Jahre das in Wien sehr beliebte Märzenbier. 1913 wurde die Brauerei Simmering mit dem Brauimperium Mautner-Markhof fusioniert. 1930 wurde das Simmeringer Brauhaus stillgelegt.
Großstadtausbau im Dorf
1860 war Simmering noch ein Dorf. Dennoch entstand entlang der Simmeringer Hauptstraße 1861 und 1865 eine große Wohnhausanlage, die sogenannten "Rinnböckhäuser", die damals zweitgrößte Wohnhausanlage Wiens. Ab 1880 begann ein rascher, typisch peripherer Großstadtausbau, der bis heute kein einheitliches Stadtbild ergeben hat. Die wegen ihrer Unwirtlichkeit bekannte Simmeringer Heide erstreckt sich von der Ostseite des Ortes bis zum heutigen Donaukanal und diente der Wiener Garnison als Schießübungsplatz.
Seit 1827 hielt der 1826 gegründete Reitverein auf der Heide Pferderennen ab, die wegen der schlechten Bodenverhältnisse 1862 in die Freudenau verlegt wurden. In der Ära Lueger wurde entlang der Erdberger und Simmeringer Lände das Wiener Städtische Gas- und Elektrizitätswerk (1879-1899 bzw. 1902) errichtet, dessen Bauten, die so genannten „Gasometer“, heute zu den Höhepunkten der Industriearchitektur zählen. Daneben entwickelten sich in diesem Teil der Simmeringer Heide viele Industrieanlagen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde mit dem Bauabschluss des Kaiser-Ebersdorfer Sammelkanals die Voraussetzung für den großzügigen Wohnhausbau auf der Simmeringer Heide und im angrenzenden Kaiser-Ebersdorf geschaffen.
Ebersdorf, wo der Sultan residierte
Der Ort Ebersdorf, Sitz des mächtigen Herrengeschlechtes der Ebendorfer, das auch eine gewisse Zeit das Erbkammeramt innehatte, wurde erstmals gegen 1125 urkundlich erwähnt. Es lag bereits außerhalb der Heide im wildreichen Augebiet der Donau; so war der Hof hier oft zur Jagd. Kaiser Maximilian I. ließ 1499 den alten Herrensitz Ebersdorf zu einem landesfürstlichen Jagdschloss umgestalten. Während der Türkenbelagerung 1529 residierte hier angeblich Sultan Süleyman. 1683 wurde das Jagdschloss zerstört und nach Plänen Ludovico Burnacinis wiederhergestellt. Maria Theresia schenkte es schließlich dem Pfarrer von Ebersdorf als Armenhaus. Heute befindet sich im Schloss eine Strafvollzugsanstalt. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ließ Maximilian II. nahe dem Jagdschloss Ebersdorf und seinem Tierpark (der ersten "Menagerie" der Neuzeit mit exotischen Tieren) einen weiteren Tierpark einrichten und daneben das sogenannte "Neugebäude" (im Gegensatz zum alten Jagdschloss) errichten. Die prachtvolle Villa Suburbana, das größte Bauwerk der Renaissance nördlich der Alpen, verfiel jedoch bald.
Auf einem Teil des Parkareals errichtete Clemens Holzmeister 1922/23 das Krematorium des Zentralfriedhofs.
Direkt an der Stadtgrenze liegt nahe der Mündung der Schwechat in die Donau der kleine Ort Albern, urkundlich bereits 1162 erstmals genannt. Albern hatte immer wieder schwer unter Überschwemmungen zu leiden und wandte sich oftmals, meist vergeblich, an die Regierung um Hilfe. 1775 und 1793 musste die Siedlung sogar in Richtung Schwechat verlegt werden.
Am 15. Oktober 1938 wurde der außerhalb Wiens verbliebene Teil Alberns dem damaligen 23. Bezirk Schwechat zugeordnet, 1952 dagegen dem 11. Wiener Gemeindebezirk angegliedert, um den Verbleib der Erdölraffinerie in der sowjetischen Besatzungszone zu sichern. Nach Abschluss des Staatsvertrags kam auch der Rest Alberns zum 11. Bezirk. In der nationalsozialistischen Ära sollte bei Albern ein Teil des geplanten Großhafens Wien entstehen, und zwar der Getreideumschlagplatz. Die Hafenanlagen blieben aber ein Torso. Heute befindet sich nahe dem Frachtenbahnhof am so genannten Sauhaufen der "Friedhof der Namenlosen", 1854 zunächst außerhalb der Dämme errichtet und daher nicht vor Überflutung geschützt. Er diente der Aufnahme unbekannter Toter, die der Fluss hier an Land schwemmte. 1899 wurde er hinter die Dämme verlegt und ist mit seiner kleinen Kapelle im allgemeinen vor Überflutungen sicher. Seit 1940 wird er nicht mehr belegt.
Es lebe der Zentralfriedhof
Nach langem und unerquicklichem Kampf im Wiener Gemeinderat wurde 1874 endlich der Zentralfriedhof feierlich eröffnet. Die gewaltige Anlage auf einer Fläche von mehr als zwei Quadratkilometern ist Ruhestätte für Hunderttausende Tote. Ein Spaziergang durch den Friedhof bietet für BesucherInnen eine Auswahl künstlerisch bedeutender Grabstätten, vor allem in der Abteilung der Ehrengräber der Stadt Wien und auch in der ersten Israelitischen Abteilung, die nicht mehr belegt wird. Die Dr.-Karl-Lueger-Gedächtnis-Kirche, 1908 bis 1910 von Max Hegele erbaut, ist eine der Otto-Wagner-Kirche am Steinhof verwandte Jugendstilkirche.
Der Zentralfriedhof erstreckt sich zwischen Ostbahn und Simmeringer Hauptstraße bis nahe an die Stadtgrenze. Hier liegen die Zentralwerkstätte der Wiener Verkehrsbetriebe und der neue Zentralverschiebebahnhof. Drei Häuser von Kledering wurden ebenfalls nach Wien-Simmering eingemeindet. In Kledering, das ursprünglich dem Himmelpfortkloster gehörte, befand sich einst die Wasenmeisterei, in der jeden Abend die in Wien eingesammelten Tierkadaver und eingefangenen streunenden Hunde und Katzen zur Vertilgung gebracht wurden. Der kleine Ort kam 1938 an den 23. Bezirk Liesing, wurde jedoch 1954 wieder an Niederösterreich abgegeben, und zwar an die Stadtgemeinde Schwechat, von der ebenfalls ein kleiner Teil dem Bezirk Simmering angehört, und zwar "Klein-Schwechat" entlang der Baudißgasse.