23. Bezirk, Liesing
Liesing, der 23. Bezirk, gehörte bis 1938 nicht zu Wien und war schon Stadt, als sie nach Wien eingemeindet wurde. Der Fluss, der dem Bezirk seinen Namen gab, wurde aber schon vor tausend Jahren zum ersten Mal schriftlich erwähnt. Der Bezirk hat also eine lange Geschichte und besteht aus den 8 Dörfern Mauer, Rodaun, Kalksburg, Atzgersdorf, Alt- und Neu-Erlaa, Siebenhirten und Inzersdorf, die während des Nationalsozialismus zum 25. Bezirk „Groß-Wiens“ gemacht wurden. Nach dem Krieg, 1954 wurde Liesing im Zuge der neuen Grenzziehung zum heutigen 23. Bezirk. Geprägt wird Liesing durch Gewerbegebiete einerseits, v.a. entlang der Wiener Ausfallsstraßen, und daher stammt auch so manche heutige Sehenswürdigkeit Liesings aus der Zeit der aufkeimenden Industrialisierung. Zum andern hat Liesing durch seine Wienerwald- und Heidenähe sehr begehrte und privilegierte Wohnlagen zu bieten, war lange Zeit Sommerfrischegebiet der Wiener, und es sind auch eine Vielzahl adeliger Landsitze und Schlösser hier angesiedelt, wie bspw. Erlaa, Rodaun (heute Schulzentrum) oder Liesing (heute Geriatriezentrum). Eine Besonderheit gibt´s noch in Liesing: in den meisten Bezirksteilen ausreichend Parkplätze und – keine flächendeckenden Kurzparkzonen!
Zur Geschichte im Detail:
Die erste schriftliche Erwähnung von Liesing (slawischer Ortsname: "Waldbach") war 1002. Um 1400 wird eine Trennung in Ober- und Unterliesing verzeichnet, markiert durch den Verlauf des Liesingbaches und der heutigen Südbahntrasse. Vom 16. bis zum 18. Jahrhundert stand Liesing (später gemeinsam mit Atzgersdorf) unter der Lehensherrschaft der Kirche. Auch in Liesing wüteten die Türken. Einer Legende zufolge geht der Haselstrauch im Liesinger Wappen auf die Tatsache zurück, dass die Türken 1683 eben diesen (ihnen bekannten) Strauch im Liesinger Schlosspark verschont hätten.
Die einzige eingemeindete Stadt von Wien
Im 19. Jahrhundert griff die industrielle Revolution und begann den Ort zu wandeln. Ab dem 2.10.1905 wurde Liesing zur Stadt erhoben und ist dadurch bis heute die einzige nach Wien eingemeindete Stadt.
Das um 1120 erstmals genannte Atzgersdorf liegt zwischen Erlaa und Mauer. Vom 15. bis zum 17. Jahrhundert wurde es an verschiedene Familien als Lehen ausgegeben bzw. verschenkt. Die um 1300 erbaute Kirche wurde ab 1761 durch das "Fieber- oder Türkenkreuz" zu einem bedeutenden Wallfahrtsort. Ab 1773 stand Atzgersdorf unter dem Grundherrn von Erlaa, Georg Adam Reichsgraf Starhemberg, und blieb bis 1848 mit Erlaa verbunden. Die Atzgersdorfer Mühlen wurden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Fabriken umgewandelt, die Industrialisierung weiter fortgesetzt.
Das 1114 als "Gereut" erstmals erwähnte Mauer (ab 1210 als "Muer") wurde Mitte des 14. Jahrhunderts von den Eckartsauern mit Kalksburg vereinigt, was bis 1848 so blieb. Entgegen anderer Gebiete konnte die Industrie in dem Garnisonsort kaum Fuß fassen – seit Anfang des 19. Jahrhunderts wurde Mauer bei den Wienern als Ort zur Sommerfrische beliebt. Der nach dem Ersten Weltkrieg errichtete Flugplatz ist heute ein Sportplatz; 1927 wurde es zur Marktgemeinde erhoben.
Rodaun wurde erstmals 1170 urkundlich genannt. Die 1405 erwähnte Burg auf dem Schlossberg (auch Kirchenberg) war die Sperrfeste des Liesingtales. Das Rodauner Schloss war im 16. und frühen 17. Jahrhundert einer der wichtigsten Stützpunkte des evangelischen Glaubens im Wiener Umland. 1898 kauften es die "Schwestern von der Kindheit Jesii und Maria", die hier 1902 eine Mädchenschule mit Öffentlichkeitsrecht einrichteten.
Industrie & Bevölkerung wachsen
Das erstmals um 1114 in den Quellen genannte Erlaa war vom 14. bis zum 18. Jahrhundert im Besitz verschiedener adeliger Familien. Das Alt-Erlaaer Schloss stammt aus dem 17. Jahrhundert und wurde 1766-1770 unter Georg Adam Reichsgraf Starhemberg baulich verändert. Die Industrialisierung und die folgenden Fabriksgründungen führten zu steigenden Bevölkerungszahlen, die schließlich 1835/36 die Gründung eines neuen Ortes südöstlich von Erlaa notwendig machten: Neu-Erlaa. Aber auch die Gärtnerei blieb – bis heute – ein maßgeblicher Wirtschaftsfaktor des Ortes. 1973-1985 wurde der "Wohnpark Alt-Erlaa" errichtet, der mit seinen 2.900 Wohnungen Lebensraum für an die 10.000 Menschen bereitstellt.
Ab 1188 war Kalksburg im Besitz der Babenberger. 1790 kaufte der Hofjuwelier Franz von Mack den Ort und wurde zum bedeutendsten Wohltäter Kalksburgs. Er gründete die neue Pfarrkirche, ließ einen Friedhof anlegen und baute den Adelssitz "Mon Perou" aus, der 1856 von den Jesuiten erworben wurde. Seit mehr als 150 Jahren ist hier das Kollegium Kalksburg untergebracht, schulisches Kompetenzzentrum samt Tagesinternat.
Mitte des 12. Jahrhunderts wird Siebenhirten erstmals erwähnt. Im 15. Jahrhundert fußt die Sage von der Teufelsmühle (Ecke Triester Straße/Ketzergasse), die durch einen Mann namens Engel errichtet wurde. Die schrittweise Industrialisierung setzte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein und brachte auch einen ständigen Bevölkerungsanstieg mit sich.
Inzersdorf bestand bereits im 12. Jahrhundert und erfuhr nach vielfachem Besitzwechsel unter "Ziegelbaron" Heinrich Drasche 1857 einen besonderen Aufschwung. Durch die Häufung von Industrieanlagen in diesem Gebiet litt Liesing im Zweiten Weltkrieg unter verstärkten alliierten Bombenangriffen. Der rasch begonnene Wiederaufbau erfuhr 1947 durch eine Typhusepidemie große Rückschläge. Das nach 1960 entstandene "Industriegelände Liesing" (östlich der Brunner Straße) bietet vielen Firmen neue Möglichkeiten, die unverbauten Flächen entlang den früheren Gemeindegrenzen wurden vermehrt verbaut. Dies ist allerdings auch mit starker Zersiedelung und dem Verlust an Grünflächen verbunden, vor allem entlang der Haupt-Ausfallsstraßen. Der Bau der Schnellbahn verbesserte schließlich die Verbindung mit dem Wiener Stadtzentrum.