21. Bezirk, Floridsdorf
Floridsdorf erstreckt sich zwischen dem Bisamberg im Norden und der Donau im Südwesten. Entstanden aus einer Zusammenlegung mehrerer Dörfer (Stammersdorf, Strebersdorf, Floridsdorf, Großjedlersdorf, Jedlesee, Donaufeld, Leopoldau), weist der Bezirk in vielen Gebieten und Ortskernen auch heute noch dörfliche Züge auf. In den donaunahen Gebieten erlaubte aufgrund der Hochwassergefährdung erst die Donauregulierung in den 1870er Jahren eine Besiedlung. In der Schwarzlackenau und im Floridsdorfer Aupark sind auch heute noch kleine Reste der ehemaligen Pappel-Au vorhanden. Neben der Alten Donau ist der Marchfeldkanals ein wichtiges Gewässer und Erholungsgebiet. Trotz seiner Tradition als Landwirtschafts- und Weinregion entwickelte sich Floridsdorf im 19. Jahrhundert auch als Industrieregion. Nach der großen Donauregulierung 1870/75 siedelte sich Großindustrie auf den billigen und nun hochwasserfreien Gründen nördlich der Donau an, bspw. die Wiener Lokomotiv-Fabriks-AG (LOFAG), die Wagenfabrik Lohner, die Großbrauerei Mautner-Markhof, die Firma Siemens, Metall- und Schraubenfabriken etc. Seit Beginn der 1990er Jahre hat eine intensive Stadterweiterung große neue Siedlungsgebiete und damit auch viele junge Familien in den Bezirk gebracht, v.a. entlang der Hauptader Brünnerstraße („Neu-Stammersdorf“), aber auch in anderen Bezirksteilen entstanden „Mustersiedlungen“ wie die Autofreie Siedlung oder die Frauenwerkstatt. Ein aktuelles Projekt der Stadtentwicklung ist das denkmalgeschützte Gaswerk Leopoldau, für das Nachnutzungen überlegt und gesucht werden.
Zur Geschichte im Detail:
Am 28. Dezember 1904 wurde die am 8. Mai 1894 durch den Zusammenschluss der Orte Floridsdorf, Donaufeld, Jedlesee und Neu Jedlersdorf entstandene Großgemeinde Floridsdorf mit den Gemeinden Leopoldau, Groß-Jedlersdorf, Stadlau, Kagran, Aspen und Hirschstetten sowie Teilen umliegender Marchfeldgemeinden zum 21. Wiener Gemeindebezirk "Floridsdorf" zusammengefasst; am 6. Juli 1910 wurde auch Strebersdorf Teil des 21. Bezirks. 1938 wurden Stadlau, Kagran, Aspern und Hirschstetten abgetrennt und dem neuen 22. Bezirk "Groß-Enzersdorf" zugeschlagen, dafür wurde Floridsdorf um einige niederösterreichische Randgemeinden vergrößert, von denen aber nur Stammersdorf auch nach 1954 beim Bezirk verblieb.
Rasche Entwicklung durch Schiffs- und Bahnverkehr
1786 ließ das Stift Klosterneuburg unter Propst Floridus Leeb dreißig Grundstücke in da "Haidschüttau" parzellieren und an Ansiedlungswillige abgeben. Damit war der Grundstein zu einer eigenen Gemeinde gelegt. Die Siedlung, deren Einwohner von der Zahlung einer Grundsteuer befreit waren, erhielt, nach dem Stiftspropst, bald den Namen Floridsdorf. 1801 hatte der Ort bereits eine eigene Kirche. In der Folge entwickelte er sich recht schnell vor allem wegen der Schiffswerft der Donaudampfschifffahrtsgesellschaft und durch Verkehrsanschlüsse der Nordbahn, der Nordwestbahn und der Dampftramway. Im 19. Jahrhundert entstanden auch zahlreiche Fabriken, wodurch der Ort einen bedeutenden wirtschaftlichen Aufschwung nahm. Als 1892 die zweite Wiener Stadterweiterung durchgeführt wurde, plante der niederösterreichische Statthalter Erich Graf Kielmansegg, am linken Donauufer eine niederösterreichische Hauptstadt zu schaffen. Zu diesem Zweck wurden 1894 Floridsdorf (zu dem seit 1874 auch "Jedlersdorf am Spitz" gehörte), Jedlesee, Neu-Jedlersdorf und Donaufeld zur "Großgemeinde Floridsdorf zusammengeschlossen. 1901/02 wurde "Am Spitz" zwischen Prager und Brünner Straße das Floridsdorfer Rathaus, das heutige Magistratische Bezirksamt, nach Plänen der Architekten Gebrüder Drexler erbaut.
Türken und Franzosen in Groß-Jedlersdorf
Groß-Jedlersdorf wurde 1108 erstmals urkundlich genannt. 1280-1792 war der Ort im Besitz des Nonnenklosters Tulln. 1529 und 1683 wurde Jedlersdorf von den Türken, 1809 von den Franzosen in Mitleidenschaft gezogen. Nachdem das Tullner Frauenkloster unter Josef II. aufgelöst worden war, wurden die Jedlersdorfer Weidegründe zwischen Prager und Brünner Straße 1782 parzelliert und an Neuansiedler verkauft. Die neue Siedlung wurde "Jedlersdorf am Spitz", "Klein-Jedlersdorf" oder einfach "Am Spitz" genannt und erhielt 1804 die Selbstständigkeit. 1874 wurde "Jedlersdorf am Spitz" mit Floridsdorf vereinigt. Groß-Jedlersdorf blieb bis 1904 selbstständig, wurde dann teilweise und schließlich zur Gänze dem 21. Bezirk eingemeindet.
Jedlesee – von der Donau oft überschwemmt, aber auch reich beschenkt
1014 scheinen Jedlesee und seine Pfarrkirche erstmals in den Quellen auf. Im Westen des Ortes lag die "Schwarze Lacke", die bei Hochwasser zu einem Seitenarm der Donau wurde und Jedlesee oft überschwemmte. Im Mittelalter befand sich bei Jedlesee eine Donauüberfuhr, die eine Einnahmequelle für die Bewohner des Ortes war und nach der Errichtung der ersten Donaubrücke 1439 an Bedeutung verlor. 1575 kam die Herrschaft Jedlesee an das Wiener Brückenamt. Einfälle der Schweden (1645) und der Türken (1683) sowie die Pest setzten dem Ort arg zu, im 18. Jahrhundert verödete der Ortskern fast völlig. 1771-1807 breitete sich Jedlesee in Richtung Prager Straße aus. 1778 kam die Herrschaft an Anton Freiherrn von Störck, den Leibarzt Maria Theresias, unter dem 1779 die Loretto-Kapelle zur Pfarrkirche umgestaltet und 1787 an der Ecke Prager Straße/Hopfengasse ein Brauhaus errichtet wurde. Seit der Eröffnung der Nordwestbahn 1872 wurden in Jedlesee zahlreiche Industriebetriebe gegründet. Bis zum Ersten Weltkrieg wurde die Prager Straße in Richtung Floridsdorf verbaut. In der Ersten Republik entstand u.a. die später Karl-Seitz-Hof benannte "Gartenstadt" (1926-1932).
Einst Gänse- und Entenzucht in der heutigen Großfeldsieldung
1125 wird Leopoldau als "Alpiltowe" (Eipeldau) erstmals urkundlich erwähnt. Der Ort war seit den Tagen der Babenberger für seine Gänse- und Entenzucht sehr berühmt. Die Ungarn unter Matthias Corvinus und die Türken machten ihm schwer zu schaffen; ein Großfeuer vernichtete 1676 einen großen Teil von Eipeldau, darunter auch den Meierhof des Stiftes Klosterneuburg, das schönste Gebäude des Ortes. 1677 wurde der Hof wieder aufgebaut und dient seit 1693 als Pfarrhof. Durch die häufigen Überschwemmungen kam es in der Leopoldau zur Anlage so genannter "Wasserzimmer", die wesentlich höher lagen als die übrigen Räume und bei Hochwasser Schutz boten. Seit 1734 wurde für Eipeldau der Name Leopoldau gebräuchlich. 1830 wurde der Großteil des Ortes durch Hochwasser zerstört; 1831 wurde er zur Marktgemeinde erhoben. In die Literaturgeschichte ging der Ort durch die von Joseph Richter (1749-1813) herausgegebenen "Briefe eines Eipeldauers an seinen Herrn Vetter in Kakran über d'Wienerstadt" ein. Seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts entstanden zahlreiche Fabriken und Wohnhäuser, auch begannen sich mit Neuleopoldau und Mühlschüttel zwei neue Ortschaften zu entwickeln, die 1881 von Leopoldau getrennt wurden und sich seit 1886 Donaufeld nannten. Die Donaufelder Pfarrkirche "Zum Hl. Leopold" am Kinzerplatz wurde im Juni 1914 geweiht. Ihr imposanter Turm erreicht eine Höhe von 96 m. 1966 -1973 entstand in der Leopoldau mit der Großfeldsiedlung die größte Wohnanlage Österreichs. Der alte Ortskern Leopoldaus hat sich erhalten und steht heute unter Denkmalschutz.
In Strebersdorf wird seit 1886 gestrebert
Strebersdorf wurde 1078 erstmals urkundlich genannt, 1440 durch ein Donauhochwasser vernichtet und daraufhin am Fuße des Bisambergs neu gegründet. Schloss und Gut kamen später an das Stift Klosterneuburg und danach, 1886, an die Schulbrüder, die hier ein Konvikt errichteten. 1822 wütete in Strebersdorf ein Großbrand, der viele Häuser zerstörte; die Cholera raffte einen Großteil der Bevölkerung hinweg.
Nicht unterzukriegen: Stammersdorf
Das 1150 erstmals in den Quellen erwähnte Stammersdorf wurde oftmals von feindlichen Truppen zerstört, 1645 war hier das Hauptquartier des schwedischen Feldherrn Torstenson, 1805 das Feldlager der österreichischen Armee. Die Stammersdorfer Pfarrkirche wurde 1478 erstmals genannt. 1850 fiel ein Großteil des Ortes einem Großbrand zum Opfer. 1928 wurde Stammersdorf Marktgemeinde, seit 1938 ist es Teil des 21. Bezirks. Bis heute hat sich der Ort seinen Dorfcharakter bewahrt.
Seit der Jahrhundertwende entwickelte sich Floridsdorf immer mehr zu einem Industrie- und Verkehrszentrum und zu einem Arbeiterbezirk. In der Ersten Republik kam es zum Bau ausgedehnter Wohnhausanlagen der Gemeinde Wien, bis 1934 waren über 6.000 Wohnungen fertiggestellt. Im Februar 1934 war der Bezirk ein Zentrum des Widerstands gegen die Zerstörung der Demokratie; auch 1938-1945 waren in den Floridsdorfer Betrieben zahlreiche Widerstandsgruppen gegen den Nationalsozialismus tätig. Die Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs verursachten in Floridsdorf schwerste Schäden. Nach Kriegsende wurde die Tradition des kommunalen Wohnbaus fortgesetzt, und seit den 1990er Jahren hat eine intensive Stadterweiterung eingesetzt und viele neue Wohngebiete wurden in Floridsdorf realisiert.