14. Bezirk, Penzing
Der beliebte Sommerfrischeort im Vormärz, Alt-Penzing, bestand 1755 aus insgesamt 76 Häusern, seit 1848 ist Penzing eine autonome Gemeinde und wurde 1892 um die Vororte Breitensee, Baumgarten, Hütteldorf und Hadersdorf-Weidlingau erweitert. Südlich vom Wienfluß begrenzt, erstreckt sich dieser flächenmäßig sehr große und „zweit-grünste“ Bezirk Wiens bandartig entlang der verlängerten Mariahilfer Straße nach Westen. Die nördliche und westliche Grenze bildet der Wienerwald, die Ostgrenze zum 15. Bezirk ist der Auer-Welsbach-Park. Bevor die Kaiser-Elisabeth-(West) Bahn 1858 in Betrieb ging zogen sich entlang der Linzer Straße an den Südhängen ausgedehnte Weingärten bis nach Hütteldorf. Beginnend mit einer Windmühle auf der sogenannten „Anschütt an der alten Landstraße“ (1776), über die Penzinger Feuermühle und große Textilbetriebe im 18. Jh. , der Apollo-Kerzenfabrik (1875), der Spielkartenfabrik F. Piatnik, sowie der Semperit -Amerikanische Gummiwerke AG (1889) entwickelte sich Penzing kontinuierlich vom Bauerndorf zum Industriestandort. Auffällig ist die heterogene Architekturlandschaft, die sich aus der topografischen Struktur ergibt. Einerseits sind biedermeierliche Dorfstrukturen erhalten, dichte Gründerzeitbebauung, Kasernenbauten, Schrebergärten Areale und kommunaler Wohnbau. Seit dem 19. Jahrhundert entstanden legändere Bauwerke, wie beispielsweise die Kirche am Steinhof sowie die Wagner Villen I und II-Otto Wagner 1886-1912, das Psychiatrische Krankenhaus Steinhof – Kupka & Orglmeister 1902, das Technische Museum Wien - Hans Schneider 1909-1913, Sonderkindergarten Auer Welsbach Park – Franz Schuster 1948, die Stadt des Kindes – Anton Schweighofer 1969, Schulbauten - Gustav Peichl 1976 und Helmut Richter 1991 und die Sargfabrik der Architektengruppe BKK – Johnny Winter 1996, um nur einige zu nennen.
Zur Geschichte im Detail:
Die Orte Hadersdorf und Weidlingau wurden 1850 zu einer Gemeinde zusammengezogen, 1938 wurde Hadersdorf-Weidlingau dem 14. Bezirk „Penzing“ angegliedert, unter sowjetischer Besatzung gehörte es zum 23. Bezirk - bis es am 1. Jänner 1956 wieder an den 14. Bezirk fiel.
Die Wege der Wiener Seidenindustrie
Penzing wurde im Jahre 1120 erstmals urkundlich erwähnt, geht jedoch auf das 9. Jahrhundert zurück. Vermutlich hat der Ort zwei Siedlungskerne, die später zusammengewachsen sind, im Bereich der heutigen Penzinger Straße/Nisselgasse lag der Herrschaftssitz von Penzing. Die Penzinger Pfarrkirche gehört zu den ältesten Kirchen im Gebiet des alten Wien, die im Laufe der Jahrhunderte nach zahlreichen Kriegsschäden immer wieder aufgebaut und erweitert wurde. Der vor der Kirche befindliche spätgotische Tabernakelpfeiler ("Penzinger Lichtsäule") stammt aus der Zeit um 1500. Der Aufschwung ließ aufgrund von Kriegen, Epidemien und Überschwemmungen lange auf sich warten und setzte erst richtig mit dem Bau des Schlosses Schönbrunn und mit der Gründung einer Seidenfabrik im Jahre 1767 ein. Penzing wurde zur Wiege der Wiener Seidenindustrie. Das Gebäude des heutigen Reinhardt-Seminars, das Cumberlandpalais, wurde Mitte des 18. Jahrhunderts von Kaiserin Maria Theresia gekauft und zu einem Sommerschlösschen ausgebaut. Eine ständige Stellwagenlinie verband den beliebten Sommerfrische-Ort bereits im Vormärz mit Wien.
Die Kavallerie kommt
1195 als "Prantensee" erstmals genannt, war Breitensee ein typisches Linsenangerdorf. Der Name stammt angeblich von einem in der Ortsmitte gelegenen großen Wassertümpel ("breiter See"), der jedoch schon Mitte des 19. Jahrhunderts austrocknete. Anfang des 20. Jahrhunderts wählte das populäre Dragonerregiment Nr. 3. Breitensee als Standort ihrer Kavalleriekaserne, auch die Kadettenschule der Infanterie war hier zu finden.
Vom Bohnengarten zum Schlosspark
Baumgarten (dessen ursprünglicher Name 1195 "Poungarten" war und das deshalb eigentlich "Bohnengarten" lauten sollte) war eine geteilte Ortschaft - Ober-Baumgarten war im Besitz des bayerischen Klosters Formbach, Unter-Baumgarten gehörte dem kaiserlichen Waldamt Purkersdorf. General Andreas Graf Hadik (Hadikgasse) ließ 1779 ein Schloss erbauen, das später in den Besitz der Fürsten von Esterhazy gelangte und im 19. Jahrhundert ein "Casino" wurde, die letzten Reste des einst weitläufigen Schlossparks bilden den heutigen Casinopark. Der einst ländliche Orts-Charakter Baumgartens, das 1892 eingemeindet wurde, wurde in der Gründerzeit und in der Lueger-Ära nahezu komplett zerstört und mit Fabriken und Zinshäusern bebaut.
Jenseits des Flötzersteigs nimmt die Verbauung wieder ab. Hier befindet sich das Areal des Sozialmedizinischen Zentrums „Baumgartner Höhe“, die Wiener Landes-Heil- und Pflegeanstalt „Am Steinhof“ und die das Wiental dominierende Otto-Wagner-Kirche.
Dörfer im Wandel
Um 1156/1171 erscheint "Utendorf" (Hütteldorf) erstmals in den Quellen, ist aber möglicherweise bereits im 10. oder 11. Jahrhundert entstanden. Anfänglich war das Adelsgeschlecht der Utendorfer im Besitz des Zeilendorfs, das sich entlang der nördlichen Seite der Linzer Straße erstreckte. Der bescheidene Wohlstand der Bevölkerung wurde durch die Türkenkriege wieder zunichte gemacht. Die zahlreichen Villen entstanden im 18. und 19. Jahrhundert, zu jener Zeit entwickelte sich Hütteldorf zu einem Ort der Sommerfrische, in dem das Hütteldorfer Brauhaus im Vormärz ein beliebtes Ausflugsziel darstellte.
Die Ortschaft Hadersdorf wird seit 1130 urkundlich erwähnt. Im Verlauf der Ersten Türkenbelagerung (1529) wurden die Ortschaft und das Schloss Hadersdorf größtenteils zerstört, bei der Zweiten Türkenbelagerung (1683) bot das Schloss der Bevölkerung Zuflucht, wurde aber trotzdem beinahe vernichtet. Nach dem Wiederaufbau (1689) kamen Schloss und Herrschaft Hadersdorf 1776 an den Feldherrn Ernst Gideon von Laudon - das Schloss blieb bis zum Ersten Weltkrieg im Besitz der Familie Laudon, heute beherbergt es die Verwaltungsakademie des Bundes. Das ehemalige Kloster - und beliebter Wallfahrtsort - Mariabrunn wurde nach 1829 in eine kaiserliche Forstlehranstalt umgewandelt, die als Vorgängerin der heutigen Universität für Bodenkultur anzusehen ist.
Das Siedlungsgebiet Weidlingau ist sicherlich zeitgleich mit Hadersdorf entstanden, wurde urkundlich aber erst 1226 genannt. Hier entstand um 1715 ein prachtvolles Landhaus mit Parkanlagen für Daniel Erasmus von Huldenburg, welches er nach Plänen von Johann Bernhard Fischer von Erlach errichten ließ. Von der ursprünglichen Huldenburgvilla, die baulich mehrfach verändert wurde, blieb nichts erhalten. Nach den letzten Besitzern hieß das Gebäude auch "Lederer-Schlössl". Es wurde von der Stadt Wien angekauft und 1973 abgetragen, als dort die "Stadt des Kindes" 1974 errichtet wurde.