12. Bezirk, Meidling
Der 12. Bezirk, Meidling, liegt am Wienfluss und schließt mit den dicht verbauten Arbeitervierteln in Ober- und Untermeidling an den Gürtel an. Die Bezirksteile Hetzendorf und Altmannsdorf sind weniger dicht verbaute ehemalige Dörfer mit herrschaftlichem Schloss. Bekannt ist Meidling für sein „Meidlinger L“ oder für das U4, Wiens legendäre Diskothek. Man kennt aber auch den Grünen Berg, den Meidlinger Mark, eine Reihe denkmalgeschützter Gemeindebauten aus der Zwischenkriegszeit oder das Palais Kabelwerk, Kulturzentrum im neuen Stadtteil am Areal der ehemaligen Kabel- und Drahtwerke AG, die 100 Jahre lang einer der bedeutendsten Betriebe Meidlings und der wichtigste Arbeitgeber des Bezirkes waren.
Zur Geschichte im Detail:
Aus den ehemaligen Vorortgemeinden Gaudenzdorf, Hetzendorf, Ober-und Untermeidling, Wilhelmsdorf und Teilen von Altmannsdorf wurde 1892 der 12. Wiener Gemeindebezirk Meidling gebildet.
Meidling, das Kurbad der Wiener Gesellschaft
Meidling (als "Murlingen" seit 1104 nachgewiesen) war größtenteils im Besitz des Stiftes Klosterneuburg, ab dem 14. Jahrhundert waren die meisten Einwohner im Weinbau tätig. Die beiden Türkenbelagerungen forderten viele Opfer unter der Bevölkerung und das Siedlungsgebiet wurde beide Male zerstört. Weiters litt der Ort unter den wiederholten Überschwemmungen durch den Wienfluss. Schon die Römer nutzten die Vorzüge der schwefelhaltige Quelle des Theresienbades, 1755 wurde diese wieder entdeckt und Meidling so zur beliebten Sommerfrische für wohlhabende Wiener. Ende des 18. Jahrhunderts wurde Meidling vom Bauerndorf zu einem Zentrum der Textil- und Ziegelindustrie, der folgende Zuzug und die Bebauung machten 1806 eine Teilung des Ortes notwendig, die Ortsbezeichnungen "Ober-" bzw. "Unter-" Meidling bezogen sich auf die jeweilige Lage am Wienfluss. Im nunmehrigen Ober-Meidling wurde 1859 der Dreherpark eröffnet, eines der beliebtesten Vergnügungslokale im alten Wien.
Auf dem Grünen Berg lag das Tivoli, ein elegant ausgestattetes Vergnügungslokal des Vormärz, von dessen Terrasse aus man einen prachtvollen Blick über Wien genoss. Beim Gatterhölzl, einem kleinen Wäldchen, aus dem sich die Türken 1683 mit Holz für den Bau ihrer Minen versorgten, erinnert die „Moldauer Kapelle“, in der das heute verschollene „Moldauer Kreuz“ aufbewahrt worden war, an den einzigen christlichen Führer in der türkischen Gefolgschaft Kara Mustaphas, den walachischen Fürsten Servan Cantacuzeno. Eine großstädtische Verbauung setzte in Unter-Meidling erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein, als die Schönbrunner Straße entlang des Wienflusses angelegt wurde. Das Pfann´sche Bad an der Niederhofstraße, 1820 für Trink- und Badekuren eröffnet, war im Vormärz so beliebt, dass stündlich ein „Gesellschaftswagen“ die Verbindung zur Stadt sichern musste. An der Niederhofstraße lag auch das kleine Jagdschloss Kaiser Josephs I. (1705), in dem später die k. k. Wollzeugfabrik untergebracht wurde. In seinem Park wurde zur Zeit Maria Theresias das Theresienbad (Schwefelquelle) als ältestes Wiener Bad eingerichtet. Im Süden von Unter-Meidling entwickelte sich im Bereich alter Ziegeleien eine Ansiedlung von Ziegelarbeitern, die 1846 von der Grundherrschaft, dem Stift Klosterneuburg, die Erlaubnis erhielt, eine eigene Gemeinde zu bilden. Diese wurde zu Ehren des Klosterneuburger Propstes Wilhelm Sedlaczek Wilhelmsdorf benannt. Da sich die kleine Gemeinde als nicht lebensfähig erwies, wurde sie 1850 mit Unter-Meidling vereinigt.
Wasser zieht Gewerbe an
Der Meidling am nächsten liegende Teil des Linienwalls wurde nach dem auf dem Gebiet des heutigen 5. Bezirks liegenden Ort Hundsturm "Hundsturmer Linie" genannt. 1819 wurde vor der Hundsturmer Linie die Gemeinde Gaudenzdorf konstituiert. Die vor 1819 „Neu-Meidling“ genannte Siedlung wurde vor allem von Färbern, Gerbern und Wäschern bewohnt, denen der Wienfluss günstige Voraussetzungen bot. Der Ort erhielt seinen Namen nach Propst Gaudenz Andreas Dunkler, welcher die neue Gemeinde am 24. Jänner 1819 geweiht hatte. Gaudenzdorf war ursprünglich eine bürgerlich-gewerbliche Siedlung, das Gaudenzdorfer Brauhaus gehörte in den Jahren 1845 bis 1866 zu den größten unter den zahlreichen Wiener Brauereien. Die Ortsgrenzen von Gaudenzdorf verliefen entlang dem Linienwall und dem Wienfluss sowie der Längenfeldgasse; es war bis weit ins 19. Jahrhundert hinein nur entlang eines schmalen Streifens an der Wien verbaut.
Die ersten Gemeindebauten Wiens entstehen
Meidling wurde in der Folge zu einem typischen „Arbeiterbezirk“, in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden hier zahlreiche Wohnhausbauten der Gemeinde Wien. Der Fuchsenfeldhof (das Fuchsenfeld waren Äcker zwischen den heutigen Straßenzügen Eichenstraße, Aßmayergasse, Malfattigasse und Steinbauergasse) war einer der ersten Gemeindebauten der Stadt Wien. Er wurde 1922-1924 errichtet und weist rund 1.000 Wohnungen auf. Jenseits der Anlagen des Meidlinger Bahnhofs und des Meidlinger Friedhofs liegt der gewaltige Komplex des George-Washington-Hofs, eine Wohnhausanlage mit 1084 Wohnungen, 1927-1930 von Karl Krist und Robert Oerley erbaut. Der Bau mit fünf Gartenhöfen, deren Namen schon an Licht, Luft und Sonne erinnern sollten – Ahorn-, Akazien-, Birken-, Flieder- und Ulmenhof – war nicht nur gesellschaftspolitisch, sondern auch architektonisch überaus beispielgebend. Ahorn-, Birken- und Fliederhof befinden sich bereits auf dem Boden des 10. Bezirks.
Gemeindebau und Villenviertel
Stadtauswärts liegen die beiden Liesingtal-Gemeinden Altmannsdorf und Hetzendorf. Altmannsdorf wurde erstmals 1314 urkundlich genannt. Der Ort hatte lange Zeit ländlichen Charakter, erst nach der Eingemeindung nach Wien im Jahre 1892 nahm es eine industrielle Entwicklung. Das Ortszentrum liegt um den Khlesl-Platz mit dem Karl-Renner-Institut und dem ehemaligen Tierschutzhaus. In dem Ortsteil „Am Schöpfwerk“, der seinen Namen von dem 1870-1873 hier errichteten Schöpfwerk der Ersten Hochquellenwasserleitung hat, stehen große Wohnhausanlagen der Gemeinde Wien, aus der Zwischenkriegszeit wie aus jüngster Zeit.
Der Name Hetzendorf tritt uns erstmals 1190 entgegen. Henricus von Hetzendorf erhielt damals das Gut als landesfürstliches Lehen. Später wurde der Ort dem Stift Klosterneuburg geschenkt, 1456 kam er an den Deutschen Ritterorden, in dessen Besitz er bis 1744 blieb. 1529 und 1683 wurde der Ort von den Türken verwüstet. Um 1694 ließ Sigismund Graf von Thun in Hetzendorf ein Jagdschlösschen erbauen, welches Johann Lukas von Hildebrandt für Anton Florian Fürst Liechtenstein 1712 umgestaltete. Der so genannte „Thunhof“ wurde dann 1742 an die Hofkammer verkauft. 1743 ließ ihn Maria Theresia durch Nikolaus Pacassi erweitern und zum Schloss Hetzendorf umbauen. Heute beherbergt das Schloss die Modeschule der Stadt Wien. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts nahm Hetzendorf den Charakter einer Villensiedlung an.